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Fahrrad in Hamburg auf absteigendem Ast? Heute -6% Radverkehr!

Fahrrad im Hamburger Trend? Von wegen!

Wer hätte das gedacht? Vor einigen Tagen wurden die Ergebnisse der aktuellen Hamburger Fahrradzählung für das Jahr 2019 vorgestellt. Schonungslos geht aus den Zahlen der Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage hervor, dass das Fahrrad in Hamburg heute bis zu über 6% weniger an den Zählstellen vorbei kam als dies 2018 noch der Fall war. Insgesamt gibt es zur Zeit 38 Zählstellen, davon wird an 13 von ihnen ganztags gezählt, leider nur einmal im Jahr. Insgesamt ging der Anteil des Radverkehrs um 6,6% Prozent zurück, wie das Hamburger Abendblatt gestern in „Hamburg baut weniger Radwege als versprochen“ ausgerechnet hat.
Wir haben nachgerechnet und dabei nur die Zahlen der 12 bisher vergleichbaren Langzeit-Zählstellen verglichen. Alleine an ihnen, die fast alle an großen und stark frequentierten Straßen liegen, fuhren 6,3% weniger Menschen auf ihren Rädern als im Vorjahr.
Wer selbst nachsehen möchte, kann dies hier (2018) und hier (2019) gerne tun.

Hamburg nur mit spärlicher Datenlage

Wenn nur einmal im Jahr gezählt wird, ist es unwahrscheinlich, wirklich gute Vergleichsdaten zu bekommen. Ist es kalt, ist es warm, trocken, ist es ein Montag oder ein Freitag, lief am Abend zuvor gerade das Finale der Frauen-EM, – diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Wird nur einmal gezählt, muss genommen werden, was man hat – auch wenn dies dann nicht unbedingt tatsächlich repräsentative Zahlen sind, die eher zu  erwarten sind, wenn Mittelwerte über mehrere Zählungen vorliegen würden. Wenn nun wie in Hamburgs Fall die Zahlen nicht so sind, wie erhofft, lässt sich vieles in die Ergebnisse hineininterpretieren: Laut Abendblatt-Artikel liegen die Zahlen für die Verkehrsbehörde im Bereich „normaler Schwankungen“. Vor allem aber glaubt man, dass das Superwetter 2018 verantwortlich war für die besseren Zahlen. Man könnte auch andere Dinge heranziehen, um zu schauen, warum die Ergebnisse sind, wie sie sind. Wurden Radwege inzwischen auf die Fahrbahnen verlegt, die nun von Radfahrenden eher vermieden werden? Gab es über einen längeren Zeitraum Baustellen vor Ort, die die Einbrüche erklären? Dies zumindest ist an den Zählstellen Dammtordamm / Große Theatherstraße der Fall, dort sind in diesem Jahr über 600 Leute weniger vorbeigeradelt. Seit Ende der Baustelle, müssen sie hier nun auf die Fahrbahn. Auch aus Wandsbek gibt es alarmierende Ziffern: An der Wandsbeker Allee / Wandsbeker Marktstraße war der Schwund um 947 Vorbeiradelnde noch extremer und hat sich damit fast halbiert – der Grund könnte aber auch hier eine Baustelle sein, die es offenbar noch immer gibt.

Warum radeln heute so viel weniger Leute durch die Stadt?

Gute Frage! Wir erinnern uns nur mal an drei Dinge, die bekannt sind:
Da wäre zum Ersten das „Bündnis für den Radverkehr“, in welchem festgelegt wurde, dass die Koalition im Rathaus „bis in die 2020er“ Jahre erreichen möchte, dass ein Viertel aller Wege der Hamburgerinnen und Hamburger bis dahin mit dem Fahrrad zurückgelegt werden sollen. 2017 lag der radelnde Anteil bei 15%, das kann man hier im „Mobilität in Deutschland – Kurzreport – Hamburg und Metropolregion“ von 2018 nachlesen. Bis in die 2020er Jahre, nehmen wir fairerweise mal die Mitte von ihnen – 2025 – als Zielmarke, müsste der Anteil von heute noch einmal um schwindelnde 66% steigen, um den angestrebten Modalsplitanteil von 25% zu erreichen. Dafür bleiben dem Senat, so er denn wiedergewählt wird, keine 6 Jahre mehr Zeit. Es wird also sportlich. Angesichts dessen kann man sich die „- 6,6%“ überhaupt nicht leisten.

Zweitens ist es ja aber nicht so, dass nichts in Hamburg passiert. Im Gegenteil. Auch wenn man noch viel mehr schaffen wollte, wird trotzdem an allen Ecken und Enden gebaut und so viele neue Kilometer Radweginfrastruktur geschaffen. Leider nur wenig davon als geschützte Radwege, wird die Mehrheit doch als Witz- und Angststreifen in Form von Fahrradstreifen auf die Fahrbahnen verlegt. Davon kann sich jeder überzeugen, die oder der mit offenen Augen in der Stadt unterwegs ist.

Drittens gab es zudem im nun langsam auslaufenden 2019 die recht fett aufgeführte Kampagne „Hamburg gibt 8„, die für mehr Sicherheit und Verständnis auf unseren Straßen sorgen soll. Mit viel Bohei und Tammtamm neu an den Start ging zudem die teure Luxus-Kampagne „Fahr ein schöneres Hamburg„, wo unter anderem schöngesungen wird, was auf unseren Wegen schmerzlich vermisst wird.

Alles in allem ist das schon eine ganze Menge. Hätte es „nur“ eine Stagnation der Zahlen zum Radverkehr gegeben, könnten wir uns unseretwegen unterhalten über die Gründe, warum das Rad in Hamburg auf dem Abstellgleis (zwischen?)geparkt wird. Angesichts der eben genannten Rahmenbedingen sind Minuszahlen, wenn zugleich auch noch die Unfallzahlen steigen, nichts anderes als eine schallende Ohrfeige, die es verbietet, überhaupt anzufangen, nach Ausreden zu suchen, warum das so ist. Stattdessen sollten die Hausaufgaben schnellstens nachgeholt werden!

Dabei könnt ihr mithelfen:
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