Liebe Alle,
der Bau von neuen Radverkehrsanlagen hält unvermindert an – soweit so gut. Nicht gut ist aber, was zur Zeit An der Verbindungsbahn zu bestaunen ist: Stadteinwärts wurde ein neuer Fahrradstreifen auf der Fahrbahn angelegt. Verwundert reibt man sich die Augen und fragt sich, ob es der Sache wirklich dienlich ist, ausgerechnet hier, auf einer der am stärksten befahrenen Straßen Hamburgs, auf mehr Schutz für Radfahrende zu verzichten. Man kann nur hoffen, dass genügend Schutzengel zur Stelle sind und diese Lösung nicht von Dauer ist. Sicher gibt es Leute, die diesen neuen Streifen bejubeln und die der Meinung sind, dass sie dort auch ihre Kinder bedenkenlos radfahren lassen würden. Ich sehe es anders. Bedenkenlos klappt es auf dem Abschnitt davor an der Schröderstiftstraße wunderbar. Dort gibt es einen bestens geschützten Radweg abseits des rauschenden Verkehrs. Ab der Renzelstraße ist dann aber Schluss mit lustig.
Auch der Umbau an der Osterstraße in Hamburg Eimsbüttel geht flott voran und treibt abermals merkwürdige Stilblüten: So sind auf dem Abschnitt zwischen Hellkamp und Methfesselstraße Streifen für Radfahrende zu besichtigen, die eigentlich schon gar keine Streifen mehr sind. Nur noch Piktogramme verdeutlichen auf diesem engen Abschnitt einen imaginären was-auch-immer-Streifen, auf denen sich nun die Radler quetschen sollen. Neu ist auch ein Kreisel am Heußweg Ecke Stellinger Weg, für den im voraus diverse Bäume gefällt wurden. Von der U-Bahn kommend gibt es noch Schutzstreifen, die allerdings vor dem Kreisel nicht mehr existieren. Im Kreisverkehr selbst ist für Radler nichts spezielles mehr vorgesehen – bei erlaubten 50 Km/h, die Autofahrer hier fahren dürfen. Das tun sie wahrscheinlich nicht. Genau das ist auch das Kalkül der Planenden und Verantwortlichen, die glauben, dass Radfahrer auf der Fahrbahn den Verkehr ohnehin verlangsamen werden. All das ist Fahrradförderung auf die zynische Art. Radfahrer werden als menschliche Geschwindigkeitshemmer einfach eingeplant. Ob dies die richtigen Mittel sind, um eine echte Fahrradstadt zu werden, darf mehr als bezweifelt werden.


„Fahrradstadt auf dem Abstellgleis?“, fragt denn auch Herbert Schalthoff in seiner Hamburg1 Talkshow. Dr. Philine Gaffron, Verkehrswissenschaftlerin an der TUHH, Stefanie Miczka, Referentin für Verkehr beim ADFC, Lars Pochnicht, SPD Radverkehrsexperte und Carsten Ovens, CDU Radverkehrsexperte, versprechen eine spannende Runde. Die Aufzeichnung der Sendung kann man hier ansehen: http://www.hamburg1.de/sendungen/4/4784/Hamburg_Fahrradstadt_auf_dem_Abstellgleis.html
Damit das nicht passiert und weil wir sehr wohl wissen, dass Hamburg beste Fahrradstadt bauen kann, wenn die Stadt es nur will, werfen wir ein Blick nach Borgfelde. Hier gibt es nun eine vorbildliche Radwegführung an der U-Bahn Burgstraße. Im Gegensatz zu vielen anderen Radwegen wird der Weg hier als Teil der Veloroute 8 klar und deutlich als Zweirichtungsradweg an U-Bahn- und Busstation vorbeigeführt, um danach ebenfalls recht sicher und komfortabel die Kreuzung zu passieren. Dies zeigt, wie richtig und wichtig es ist, eine Priorisierung des Umweltverbundes bei Planungen des Straßenraumes zu fordern – nicht nur, wo es gerade passt, sondern überall.

Es gibt einen neuen Flyer von KURS FAHRRADSTADT – downloaden könnt ihr ihn hier. Es wäre schön, wenn Fahrradläden oder ähnliche Einrichtungen ihn im Laden – oder noch besser – im Fenster aushängen würden. Noch immer ist diese Kampagne darauf angewiesen, mit einfachsten Mitteln auf sich aufmerksam machen zu müssen. Danke für jede noch so kleine Hilfe.
Langsam, aber doch unübersehbar beginnt unter den Hamburger*innen mehr und mehr die Einsicht zu wachsen, dass in nicht allzu ferner Zukunft einiges anders laufen muss. Anregungen dazu bietet die Veranstaltung „Wandel-Labor“ der Initiative „Und jetzt retten WIR die Welt“ sowie der Wandelwoche Hamburg. Am 4. Oktober geht es dabei um ein autofreieres Leben in unserer Stadt und um die Lust auf’s Radfahren. U.a. dabei sind Bernhard Knierim (mobilitaetswen.de) und Florian Keiper von der Fahrradbande Berlin. http://wandelwoche.org/hamburg/das-wandel-labor-alles-klar-zur-mobilitaetswende/
Demnächst wird es in Altona interessant. Am 15. September stimmen die Altonaer in einem Bürgerentscheid über die Zukunft des Strandes vor Övelgönne ab. Zur Debatte steht, hier einen neuen Radweg über den Strand zu bauen („Elbstrand für alle“ https://www.elbstrandweg.de), um damit die Lücke des Elberadweges zu schließen, der angeblich einzigen Unterbrechung des langen Flussradwanderwegs oder aber alles so zu belassen, wie es ist („Elbstrand retten“ http://www.elbstrand.hamburg/retten/). Schon mehrfach habe ich mich geäußert zum Thema und sehe einen Radweg an diesem Strandabschnitt in vielerlei Hinsicht sehr kritisch. Nicht nur, dass definitiv eines der letzten Plätzchen für citynahes, unbeschwertes Strandfeeling als Ort der Ruhe und Entschleunigung gefährdet bzw. verloren gehen würde. Ein Radweg am Strand lenkt vor allem auch weiter davon ab, dort gute Fahrradweg-Lösungen zu bauen, wo sie wirklich gebraucht werden: An der Elbchaussee und in der Bernadottestraße in Ottensen.
Am gleichen Tag findet übrigens der „Internationale Parking Day“ statt. KURS FAHRRADSTADT ist diesmal zusammen mit dem adfc im Eppendorfer Weg 170 in Eimsbüttel mit von der Partie. Zwischen 15 und 18 Uhr wollen wir dort auf einigen umgewidmeten Parkplätzen zeigen, wie schön das Leben sein könnte – wenn es nur weniger Autos gebe. Kommt gerne vorbei – ich freue mich auf anregende Stunden am Straßenrand.
Beste Grüße
Kai