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Hamburg kann Premium Bike Lane!

Wer hätte das gedacht! Fast in einer Nacht und Nebel Aktion wird dem Auto- und LKW-Verkehr auf der vielbefahrenen Bundesstraße 5 auf der Fruchtallee in Hamburg Eimsbüttel stadteinwärts eine Fahrspur abgezwackt und mit Barrieren zu einer Art Protected Bike Lane ausgebaut. Eine „Art“ Bike Lane nur darum, weil auch Fußgänger diesen Weg vorerst nutzen sollen, denn auf dem Geh- und Radweg nebenan wird demnächst gebaut. Glaubt man den Halteverbotsschildern, die aufgestellt wurden, hat diese Maßnahme immerhin eine Dauer von einem guten halben Jahr. So oder so, was hier passiert ist, ist in der Autostadt Hamburg, die nur mühsam ihren Weg zur Fahrradstadt sucht, so etwas wie ein Novum. An anderen Stellen, nicht weit entfernt von der Fruchtallee, wird an der Kieler Straße an ähnlichen Baustellen lieber ein viel zu schmaler und gefährlicher Zweirichtungsradweg eingerichtet oder, noch einfacher, gar nichts. So müssen Fußgänger und Radfahrende auf der Höhe Paciusweg / Star-Tankstelle sogar umständlich seit geraumer Zeit die Straßenseite zwei mal wechseln, weil der Fuß- und Radweg dort kurzerhand komplett gesperrt wurde. An der Fruchtallee dagegen dürfen sich Hamburgs Radler mal richtig freuen und auf mehreren Hundert Metern auf einem „Premium-Radweg“ der City entgegen strampeln. Auch wenn es baustellenbedingt vielleicht nicht anders ging, ist es zunächst eine erfreuliche und bemerkenswerte Nachricht. Das geht definitiv in die richtige Richtung.
Gut gemacht, Hamburg!

Es wird interessant sein, wie sich der Verkehr nun an dieser Stelle neu sortiert. Die Behörden wären gut beraten, wenn sie diese nun recht fest installierte neue Fahrradinfrastruktur wissenschaftlich unter die Lupe nimmt. Wenn sie zählen, wie viele Räder diese Strecke nutzen, mehr als einmal. Wenn sie diese Maßnahme vielleicht als Chance und Pilotexperiment betrachtet, welches es verdient, genaustens untersucht zu werden. Stockt der übrige Verkehr wirklich mehr, wenn es nur noch zwei Spuren für den MIV Verkehr gibt? Oder fließt er nicht ähnlich flüssig, wie es zuvor, wenn er denn flüssig floss, auch der Fall war? Unter Umständen wird man dann zu überraschenden Erkenntnissen kommen und könnte, warum eigentlich nicht, aus einer temporären ganz einfach eine dauerhafte noch bessere Lösung machen und diese Richtung Innenstadt weiter ausbauen, denn der Abschnitt ab Doormannsweg / Schulweg, vorbei an der U-Bahn Christuskirche bis zum Schlump hin hätte diese Maßnahme aufgrund schmaler Rad- und Fußwege noch viel nötiger.

Es ist ja das erklärte Ziel des Senats, den Radverkehr massiv auszubauen. Um solche Ziele zu erreichen, gehen andere Städte oftmals ganz andere Wege und kreieren absichtlich künstliche Staus, um Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen. So geschehen z.B. in Wien. Die Österreich Metropole etwa arbeitet zur Zeit daran, den Autoverkehr von heute etwa 27% auf bald nur noch 20% weiter herunterzuschrauben. Verkehrsplaner Hermann Knoflacher, emeritierter Professor an der TU Wien, sagt: „Wir haben die Autofahrer genervt. Wir haben Straßen verengt und systematisch Stau erzeugt.“

Denn ganz ohne harte Maßnahmen auch dem KFZ Verkehr gegenüber wird es keine Verkehrswende geben. Das sagen im Grunde alle Experten von Jan Gehl über Stephan Rammler (Buch „Volk ohne Wagen“) und auch das „Urban Cycling Institut“ in den Niederlanden kommt in einer Studie, in der sie die Effektivität der holländischen Fahrradförderung untersucht haben, zu diesem Ergebnis. (Siehe auch: „Amsterdam: Kontinuität zeigt Wirkung“)

„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, beschreibt das simple Gesetz von Angebot und Nachfrage ganz einfach. Inzwischen ist auch die Forschung soweit, dass sie begriffen hat, dass ein Mehr an Straßen kein Weniger an Staus bedeutet. Umgekehrt gilt allerdings das Gleiche: Wer Straßen zurückbaut, wird weniger Verkehr bekommen. Auch dies ist mittlerweile belegbar – und wird darum eben auch von Städten wie Wien, Amsterdam oder Kopenhagen beherzigt, die auf diese Weise Platz für ihren Radverkehrsausbau schaffen können. Das bedeutet aber auch, dass wer gute Fahrradinfrastruktur baut, auch mehr Radfahrende bekommt. Ganz einfach. Zahlen zu den Erfahrungen mit Protected Bike Lanes aus den USA belegen dies eindrucksvoll.

Hamburg, sei mutig! Sei konsequent!
Und behalte den neuen Radweg an der Fruchtallee!

Was nun an Teilen der Fruchtallee zu bestaunen ist, ist fast nichts anderes, als das, was KURS FAHRRADSTADT von jeher fordert. Bald 2.500 Menschen sehen es ebenfalls so.
Du auch?
(Mehr Infos von uns zu Protected Bike Lanes findet ihr auch hier:
https://kursfahrradstadt.wordpress.com/kurs-fahrradstadt-faq/)

Jetzt KURS FAHRRADSTADT auf change.org unterzeichnen. So gibt’s auch du unserem Bürgermeister die Rückendeckung dafür, das Richtige zu tun.

kfhhlogo-change-org

Eine Antwort auf „Hamburg kann Premium Bike Lane!“

[…] Am Ende noch der kleine Hinweis: „Geht nicht“ gibt’s nicht! Das hat Hamburg in der Fruchtallee übrigens selbst schon einmal ganz vorbildlich gezeigt. Dort wurde quasi monatelang eine wunderbare, bestens geschützte Bikelane auf einer Autofahrspur eingerichtet. Damals war es wegen einer Baustelle. Nun halt wegen Virus und Klimaschutz. (https://kursfahrradstadt.wordpress.com/2018/04/23/hamburg-kann-premium-bike-lane/) […]

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